Maps sind, das dürfte auch dem letzten nach dem aktuellen Drama um Google Maps und Apple Maps aufgegangen sein, der vielleicht wichtigste Baustein der langsam heranrollenden mobilen Webrevolution.
Maps sind, wenn man so will, das Äquivalent zum Webindex für das lokal getriebene Web. So wichtig, wie die Websuche für das ortsungebundene Web ist, so wichtig sind Maps für das mobile, oft lokal getriebene Web.
Sie sind die Basis, auf der das mobile Web steht. Deswegen sind eigene Karten für Plattformprovider, von Apple über Google bis Amazon, strategisch wichtig.
Deshalb ist es besonders interessant, was Alexis C. Madrigal in The Atlantic über Nokias Maps schreibt:
There’s a third company that’s invested billions of dollars, employs thousands of mapmakers, and even drives around its own version of Google’s mythic „Street View“ cars.
That company is Nokia, the still-giant but oft-maligned Finnish mobile phone maker, which acquired the geographic information systems company Navteq back in 2007 for $8 billion. That’s only a bit less than the Nokia’s current market value of a bit less than $10 billion, which is down 93 percent since 2007. This might be bad news for the company’s shareholders, but if a certain tech giant with a massive interest in mobile content (Microsoft, Apple, Yahoo) were looking to catch up or stay even with Google, the company’s Location & Commerce unit might look like a nice acquisition they could get on the cheap (especially given that the segment lost 1.5 billion euros last year).
Das faszinierende ist, dass Nokia zumindest in den USA Zugang zu quantitativ – und damit in Aggregation auch qualitativ -hochwertigen Daten hat, von denen Apple als auch Google nur träumen können. Die GPS-Daten von den Paketdiensten FedEx und UPS:
People pointed out that while Google’s driven 5 million miles in Street View cars, UPS drives 3.3 billion miles a year. Whoever had access to these other datasets might be in the mapping (cough) driver’s seat.
Well, it turns out that Nokia is the company that receives the GPS data from both FedEx and UPS, the company’s senior VP of Location Content, Cliff Fox, told me.
Fazit: Wenn die neue Lumia-Reihe von Nokia mit Windows 8 floppt, entsteht eine Marktsituation, in der Nokias Maps-Abteilung zum Verkauf stehen könnte. Der Preis dürfte dann nicht einmal bei einem Zehntel der Kriegskasse von Apple liegen.
Zusätzlich ist es naheliegend, dass Apple und andere Unternehmen wie Amazon etwa künftig verstärkt auf Postdienste in aller Welt zugehen, weil diese auf einmal in einer Welt, in der Maps strategisch wichtig werden, auf einem Datenschatz sitzen. Sie wären dumm, würden sie es nicht tun.
Henning says
Der Ansatz des Kartenaufbaus bzw. der Qualitätssicherung über die Post- und Paketdienste ist interessant. Und doch nur ein Teil der Gesamtrechnung. Er wird nicht reichen um ‚Points of Interest‘ wie Geschäfte genau abzubilden, die etwa bei den Google Maps die Möglichkeit haben sich selbst umfangreiche Repräsentanzen aufzubauen. Auch die Frage ob Straßen noch existieren und in welche Richtung und wie schnell sie befahren werden dürfen lässt sich aus passiven Bewegungsdaten nicht gut ermitteln.
Wenn der Artikel den Eindruck vermitteln soll, Apple könnte mir einem einzigen Zukauf seinen großen Rückstand bei den Karten Apps dauerhaft ausgleichen so ist das zu kurz gedacht: Karten sind – wie die Webindexierung – eine unaufhörliche Daueraufgabe. Und niemand kennt sich mit so etwas besser aus als Google…..
Marcel Weiss says
Das stimmt. Besonders der Punkt mit der Daueraufgabe. Das wird auch im Atlantic-Artikel angesprochen.
Apple würde nicht nur das Kartenmaterial bekommen sondern auch die Organisation dahinter. Die Kompetenzen braucht Apple. Reicht das? Nein. Aber es ist ein Anfang. Ob Apple jemals Google einholen wird, ist eher offen. Aber sie könnten sich sehr viel besser aufstellen. (Und zusätzlich: Ich glaube, dass die zeitkritischen Daten über die Apps zurück in die Mapbasis laufen werden. Also wie jetzt schon Yelp und künftig andere. Apple braucht „nur“ eine die richtigen Anreize schaffende Plattformarchitektur bei den Maps.)
Maecenas says
Meiner Meinung nach geben sich die Softwaregiganten einer Illusion hin, wenn sie glauben, hochwertige Karten könne man nach dem Suchmaschinen-Modell automatisch mit „physischen Crawlern“ – GPS-Daten, Kameraautos oder Luftbildern – generieren, wenn man nur genug Rechenleistung darauf ansetzt. Karten, in denen nicht bloß Autobahnen und matschige 3D-Modelle von Wolkenkratzern, sondern auch der Fußweg zum Bäcker und der Wanderpfad im Wald zu finden sind, bekommt man am besten durch die Menschen vor Ort.
Und in dieser Hinsicht ist OpenStreetMap schon besser aufgestellt als all die proprietären Anbieter zusammen – trotz Map Maker. Natürlich geht es andererseits auch nicht ohne teure Befliegungen und professionelle Softwareentwicklung, wo OSM noch deutliche Schwächen hat, aber dank Microsoft und einigen (zu wenigen) weitsichtigen Behörden mit OpenData-Initiativen kann OSM in diesem Bereich allmählich Boden gut machen. Es wird spannend und ich hoffe sehr, dass sich die freie Community am Ende etabliert. Denn Maps sind in der Tat wichtig – zu wichtig, um sie kampflos den altbekannten Konzernen zu überlassen.
Marcel Weiss says
„Meiner Meinung nach geben sich die Softwaregiganten einer Illusion hin, wenn sie glauben, hochwertige Karten könne man nach dem Suchmaschinen-Modell automatisch mit „phyischen Crawlern“ – GPS-Daten, Kameraautos oder Luftbildern – generieren, wenn man nur genug Rechenleistung darauf ansetzt.“
Wie kommst du darauf, dass sie das tun? Bei Google als auch bei Nokia sind sehr viele Menschen in diesen Feldern beschäftigt, welche die Algorithmen unterstützen.
Maecenas says
Es gibt schon einige Hinweise auf die Prioritätensetzung. Beispielsweise die unlängst groß angekündigte Integration von automatisch generierten 3D-Gebäuden in Google Earth. Im gleichen Zeitraum wurde SketchUp – eine zentrale strategische Komponente für nutzergenerierte 3D-Modelle, die Google früher deutlich stärker betont hatte – an Trimble verkauft.
Ich finde, es spricht auch Bände, dass Googles Abdeckung bei Wegen abseits des Autoverkehrs in Deutschland erst dadurch wieder konkurrenzfähig wurde, dass sie die umfangreichen Datenbestände der Behörden zugekauft (und vielerorts praktisch 1:1 in ihre Dienste übernommen) haben. Das zeigt meiner Meinung nach schon, dass sie selbst kaum Kapazitäten für die Erfassung der Kartendaten vor Ort haben. Hier und da bei den Algorithmen und Heuristiken nachbessern – klar. Aber wirklich flächendeckend vor Ort nachsehen? Bis auf ein paar eher als Kuriositäten gehandelte Beispiele (so etwas: http://www.n-tv.de/technik/Auch-Inuit-Dorf-kommt-ins-Netz-article7048861.html) sehe ich das derzeit nicht.
Marcel Weiss says
Stimmt. Das machen sie aber aus Kostengründen nicht flächendeckend weltweit, nicht weil sie glauben, das wäre nicht nötig.
Andreas Sefzig says
Es wird ein Weg zu finden sein, den herkömmlichen Fussgänger (vorm. Nutzer) an der Generierung ortsbezogener Daten zu beteiligen. Dabei sehe ich verschiedene Richtungen, die sich aus einer Kombination von mobilen Endgeräten, lokalen Links und einer sinnstiftenden Metaebene zusammensetzen.
Mobile Endgeräte: Statt Streetview-artig Geräte durch die Gegend zu fahren, möchte man die Geräte der Leute einsetzen. (Grassroots-Journalismus sang lange dieses Lied, es verhallte aber in seiner Nische, da die Metabene (Berichte über Deinen Supermarkt) mehr irrelevant als engagierend wirkt.)
Lokale Links: Ich sehe drei Gattungen der Lokalisierung, jede mit eigenen Vor- und Nachteilen. 1 Die dynamisch per GPS erzeugte Verlinkung des Orte mit seinem/n digitalen Äquivalenten (z.B. durch Ortserkennung + Algorithmus oder GPS-Daten in Fotodateien). 2 Der semi-automatisch erzeugte, vorgeschlagene Link (z.B. per Checkin bei Foursquare). 3 Die von Hand erzeugte Verlinkung per QR Code, NFC oder Kurzlink (z.B. QR Code zur Händler-Visitenkarte auf Probefahrtenwagen).
Metaebene: Spannend wird (im Gegensatz zur vorherigen technischen Betrachtung) der Punkt des übergeordneten Gedankens, ein sinnstiftendes Motiv abseits von reiner Selbstdarstellung. So gibt es inzwischen zahlreiche Ansätze für Alternate Reality Games, spannende Solomo-Konzepte, die mobile Technologien mit lokalen Situationen und sozialen Faktoren vereinen, und nicht zuletzt eine Öffentlichkeit, die digitale und physikalische Welt vereint nutzen möchte.