„But we buy ink by the barrel!“
Die Hysterie im Redaktionsblog von Spiegel, die den Autor „Spiegel-Red.“ im Artikel Die Arroganz der Monopolisten vor allem auszeichnet, ist fast schon wieder amüsant:
Im App-Store wird auch der SPIEGEL-Preis erhöht – weil Apple das so entschieden hat. Wir halten das für einen skandalösen Vorgang von grundsätzlicher Bedeutung.
Max Winde findet auf Pinboard und in den Kommentaren unter dem Artikel die richtigen Worte:
Anstatt sachlich darüber zu berichten, welche Probleme durch die Änderung der Preisstufen für den Spiegel-Verlag entstehen und ein wenig über die Hintergründe im Digitalvertrieb von Nachrichten zu schreiben wird hier gleich im allerersten Satz die „Skandal“ Keule rausgeholt und im Titel von Arroganz und Monopolisten geschwafelt. Kein Wort zu den Hintergründen, kein Wort dazu was eigentlich passiert ist, stattdessen falsche Marktplatz Metaphern und viel Hyperventilation. Ihr schafft es nicht mal zu sagen, was eigentlich passiert ist.
Und das, weil es Apple gewagt hat die Preisstufen in seinem Onlinestore nach über vier Jahren dem aktuellen Wechselkurs zwischen Euro und Dollar anzupassen.
Das ist genau die Kritik, die (nicht nur) dem Spiegel in Bezug auf Berichterstattung über die Netzriesen gemacht wird: keinerlei Distanz, keinerlei Objektivität, kein Wille zur Aufklärung sondern nur eine Skandalisierung auf Teufel komm raus um sich eventuell einen politischen Vorteil zu verschaffen.
Natürlich hätte Apple im Vorfeld über die Europreisänderung für iOS-Apps informieren müssen. Aber, dass es auf iOS feste Preisstufen für Apps gibt, die der Plattformprovider vorgibt, weiß jeder, der auf der Plattform als Anbieter teilnimmt. Niemand konnte ernsthaft glauben, dass diese Preisstufen frei von Währungsentwicklungen für immer nominal in Stein gemeißelt sein konnten.
Es ist eine Mischung aus Arroganz und Hilflosigkeit, die sich im Spiegelblogartikel zeigt, wenn es dort heißt:
Medienhäuser produzieren nun mal keine Schrauben oder Angry-Birds-Fortsetzungen. Sie liefern Informationen, Zusammenhänge, Nachrichten. Sie sind ein relevanter Baustein jeder funktionierenden Demokratie. Ihr Grundkapital ist ihre Glaubwürdigkeit, die sich wiederum aus Unabhängigkeit speist. Auch der ökonomischen. Auch der ökonomischen, den eigenen Preis in der gewünschten Höhe festzulegen – und nicht in von Apple vorgegebenen Schritten.
Übersetzung: Wir Presseverlage sind so wichtig, so viel wichtiger als alle anderen, verdammt nochmal, dass wir gefälligst eine Sonderbehandlung verdient haben.
Der Verlust von Macht in diesem Fall ist etwas vollkommen neues für Presseverlage. Aber: Die Plattformbedingungen waren vorher bekannt. Und: iOS ist bei weitem nicht die einzige Plattform, auf der der Spiegel seine digitalen Produkte verkaufen kann.
Aber es geht eben nicht aus der Sicht der Spiegel-Redaktion, dass man nur ein Unternehmen von vielen ist, dass man keine Freiheiten qua seiner staatstragenden Rolle erhält. Für die Unternehmen, die hierzulande zum Beispiel besondere, den Datenschutz stark abschwächende, Gesetze für sich verbuchen können, ist die Unterordnung etwas vollkommen neues.
Sie sollten sich daran gewöhnen; oder mit diesen Plattformen so umgehen, dass sie ihre ökonomische Unabhängigkeit wahren können.
Der Spiegel könnte zum Beispiel DRM-freie Versionen seiner Onlineausgabe auf der eigenen Site verkaufen, die dann in den gängigen iOS-Apps gelesen werden könnten. Oder er könnte die Inhalte gleich auf der Website zur Verfügung stellen. All das würde den Griff von Apple umgehen.
Aber das wollen sie nicht. Sie wollen ihre Ausgaben auf iOS verkaufen. Und zwar nicht zu den Bedingungen des iOS-Providers Apple sondern zu den eigenen.
Update: Felix Schwenzel:
das stimmt nicht ganz, der spiegel verkauft DRM-freie versionen der aktuellen ausgabe auf der eigenen site. die HTML5-ausgabe ist zwar per javascript verschleiert und kastriert (kein reguläre copy&paste, an den quelltext kommt man nur mit verrenkungen) — aber sie ist DRM-frei und ohne hilfestellung durch apple zu kaufen. dass man das weiter verbessern könnte, beispielsweise indem man epub-versionen zum download anbietet oder die HTML5-version des spiegels nicht unter ios sperren würde ist auch klar.
/Update
Ich hatte über das gespaltene Verhältnis der deutschen Presseverlage zu den konkreten Plattformarchitekturen bereits im Februar 2011 geschrieben. Damals schrieb ich:
Fassen wir zusammen: Erst feiern die Manager von Presseverlagen die Tatsache, dass Apple erfolgreich ein geschlossenes System aufbaut, in dem Apple die letztliche Kontrolle über alles hält und so zum Beispiel innerhalb des Systems keine ‘Piraterie’ möglich wird. (In Wirklichkeit wird sie nur stark erschwert.)
Endlich, frohlockten sie, macht jemand den Geburtsfehler des Internets rückgängig.
Jetzt beschweren sich die gleichen Vertreter von Presseverlagen darüber, dass Apple die Kontrolle über sein System hält. Und nutzt. Und zwar nicht nur ‘gegen’ Nutzer, sondern auch ‘gegen’ App-Anbieter.
Felix Schwenzel über den Spiegelblogartikel:
da regt sich die spiegel-redaktion (autorenkürzel SPIEGEL-Red.) so atemlos auf, dass das seitenlange klagelied gerade mal zwei absätze umfasst. prima stilmittel, dass illustriert an was es dem spiegel, bzw. seiner redaktion besonders mangelt: besonnenheit und liebe zum sauberen argumentieren. wer sich so staatstragend wie der spiegel gibt, sollte sich darüber im klaren sein, dass er sich mit solchen texten mindestens so lächerlich macht, wie ein sich auf den boden werfendes, schreiendes und strampelndes kind.
mein lieblingssatz aus dem artikel:
„Dabei weiß jeder heute: Was Google nicht auf den vorderen Rängen findet, existiert nicht.“
das schlimmste an solchen sätzen ist, dass die das wirklich glauben.
Übrigens: Die 30 Prozent, die Apple einsammelt, decken nach allgemeinen Schätzungen maximal die Kosten für die Datencenter und den Reviewprozess ab. Gewinne macht Apple damit nicht. iTunes ist ein Break-Even-Geschäft, das die Hardwareverkäufe komplementiert. Apple ist bei den App-Preisen singulär betrachtet also nicht auf Profitmaximierung aus. Im Gegenteil: Die Anreize von Apple sind eher mit niedrigen Preisen vereinbar, weil das die Attraktivität der Geräte für die Endnutzer steigt, also da, wo die eigentlichen Gewinne für Apple liegen. (Siehe für eine Analyse der Auszahlungen und der iOS-Ökonomie allgemein auch diesen Artikel auf Asymco.)
Henning says
‚Die 30 Prozent, die Apple einsammelt, decken nach allgemeinen Schätzungen maximal die Kosten für die Datencenter und den Reviewprozess ab‘
Mein Hauptproblem mit Apple und der Tatsache, dass sich die deutschen Verlage Apple so hemmlos in die Arme werfen, ist gerade Reviewprozess:
Man kann die Tatsache beklagen, dass Apple so unflexibel und rücksichtslos bei seiner Preisgestaltung ist, viel schwieriger ist aber die Unterwerfung der heimischen Medien in das in den App Store Regeln steckende Wertemodell, welches kaum zur sonst immer gerne vorgetragenen Meinungsfreiheit passt.
Selbst wenn die Verlage jetzt (ernsthaft) nach alternativen Plattformen suchen sollten: Es glaubt doch niemand, dass sie dann unterschiedliche Ausgaben produzieren werden: Unzensierte für Amazon und Google und eine zensierte für Apple. Der Schaden ist längst getan und die Glaubwürdigkeit der ‚Unabhängigkeit‘ der heimischen Verlage dauerhaft beschädigt.
Fritz says
Die Kritik an dem Artikel und dem Verhalten der Verlage finde ich berechtigt. Die Einschätzung der Rolle der Währungsschwankungen teil ich aber nicht. Das ist ein vorgeschobenes Argument. Üblich ist, dass Unternehmen sich gegen Preisschwankungen zum einen absichern, zum anderen an lokale Preisstufungen anpassen. Siehe zum Exempel McDonalds und den BicMac-Index. Mal machen die Unternehmen zusätzliche Währungsgewinne, mal geht ihnen da ein bisschen etwas flöten – gerade wer weltweit verkauft, hat es aber im Grunde automatisch mit einem gehedgten Devisen-Portfolio zu tun. Apple hat hier einfach ein Argument für Preiserhöhungen gefunden.
Faire Umrechnungskurse waren jedenfalls noch nie Teil ds Business-Modells, wie man bei iTunes sieht: die 1,29$ Höchstpreis wären in Euro jetzt eben ziemlich genau nur 1 Euro, abgerechnet werden aber 1,29 €, was eben rund 1,66$ sind.
Können die ja machen, wie sie alles machen können, was ihnen in ihrer Gier einfällt und vom Markt geschluckt, aber man sollte sich nicht an der Nase herumführen lassen, Apple hätte ein Problem mit Devisenkursschwankungen.
Quiltifant says
Natürlich ist der App Store nur ein Vehikel um die Hardware-Verkäufe anzukurbeln(wenn schon, dann komplem_e_ntieren), aber das ändert doch nichts an den Argumenten der Spiegel-Redaktion.
Die Wechselkurse sind übrigens ein höchst albernes Argument. Der App Store – genauer: die Apple Distribution International – ist im Steuersparparadies Irland ansässig. (Aber natürlich ist Apple nicht auf Profitmaximierung aus. Never ever!) Und dort ist das offizielle Zahlungsmittel nun mal der Euro.
Hans says
Jaja. Zensur, Henning. Die findet ja sonst nicht statt. Bei Verkauf von Anzeigen in Printmagazinen z.B. Oder wenn der CSU Pressesprecher beim ZDF anruft (oh – da hat es ja nicht funktioniert, aber beim BR dann schon). Auch bei der löblichen Berichterstattung zum Leistungsschutzrecht durften alle Journalisten ja ihre echte Meinung runteredelfedern. Dieses ewige Gewinsel über Facebook und Apple geht mir inzwischen latent stark auf den Sack. Die haben die Reichweite. Deswegen machen sie die Regeln. Entweder nicht nutzen. Oder nutzen und die Fresse halten. So einfach ist das.
ole says
Hallo Marcel,
der Spiegel verkauft über spiegel.de selbst Hefte und Abos, ganz ohne Apple, in HTML5. Das funktioniert auch auf einem iPad. Ohne Probleme.
Aber um das differenziert zu sehen und nicht gleich draufzuschlagen, muss man eventuell von dieser langsam alten schwarz-weiß-Denke runter :)
Marcel Weiss says
Der BigMac-Index vom Economist ist deshalb interessant, weil Big Macs nicht nur weltweit verkauft werden sondern auch weltweit in den jeweiligen Ländern produziert werden, also aus lokalen Zutaten gemacht werden. Der BigMac-Index gibt deshalb eine verhältnismäßig gute Grundlage für den Vergleich von Preisniveaus.
Das ist nicht mit der Situation von digital distribuierten Programmen (Apps) und deren Kostenstrukturen vergleichbar.
Ich habe das nicht explizit im Artikel angesprochen, aber: Apple hat das nicht für die eigenen Einnahmen gemacht, sondern für die der Entwickler.
Marcel Weiss says
Apple ist ein gewinnorientiertes Unternehmen, das natürlich an Profitmaximierung orientiert ist. Diese Maximierung erlangen sie aber nur, wenn sie nicht jeden einzelnen Bereich ausquetschen. Plattformen sind etwas komplexer als normale Produkte diesbezüglich.
Marcel Weiss says
Danke, Felix Schwenzel hatte darauf auch schon hingewiesen. Ich ergänze das im Artikel.
Lustig, dass ausgerechnet von einem SPON-Redakteur der Vorwurf der Schwarz-Weiß-Denke kommt. Noch lustiger, dass es ausgerechnet zu diesem Artikel kommt.
Warum wurde im Blogartikel nicht darauf hingewiesen, dass die digitale Ausgabe auch über andere Wege als über die App bezogen werden kann, auch von iOS-Usern? Hätte das den Vorgang am Ende weniger skandalös und schwarz-weiß-mäßig darstellbar gemacht?
André Fromme says
D.h. Apple sorgt ganz selbstlos dafuer, dass heise, Spiegel und sonstige europaeische App-Entwickler mehr Geld verdienen? Und eben jene Entwickler sollten sich eigentlich freuen fuer die unerwartete Ueberraschung, dass sie nun pro App-Verkauf mehr verdienen?
Marcel Weiss says
Herrgott, selbstlos ist das natürlich nicht. Es gehört zum Anbieten einer Plattform dazu, alle Parteien glücklich zu machen. Apple muss also für den eigenen Erfolg auch an den Erfolg von Entwicklern denken, ohne sie ggü Endnutzern zu bevorzugen.
Nur weil das deutschen Presseverlagen nicht passt, heißt es nicht, dass das nicht im Sinne von App-Anbietern ist.
André Fromme says
Irland ist nur was die niedrige Unternehmenssteuer betrifft ein Steuerparadies. Die Summe der sonstigen Abgaben sind spaetestens seit der Finanzkrise durchaus mit Resteuropa vergleichbar. Die Mehrwertsteuer mit 23% sogar erheblich hoeher als z.B. in Deutschland.
Wohl einer der Gruende dafuer, dass Apple – wie auch Amazon und andere – die Mehrwertsteuer auf digitale Verkaeufe in Luxemburg, mit einem Satz von 15%, abgibt.
André Fromme says
Bei der ganzen Geschichte fiel mir als erstes jenes inzwischen legendaere Zitat von Springer-Chef Döpfner ein:
„Jeder Verleger der Welt sollte sich einmal am Tag hinsetzen, um zu beten und Steve Jobs dafür zu danken, dass er die Verlagsbranche rettet.“
Aber der Reihe nach. Natuerlich ist der Wechselkurs als Argument fuer die Preiserhoehung ein ziemlich albernes Argument, zumal von Apple, die andererseits fuer Hard- wie Software kein Problem damit haben, die europaeischen Preise einfach 1:1 vom Dollarkurs abzuleiten oder sogar noch etwas draufzuschlagen (QT Pro: 29,99$ – 30€, iPad mini: 329$ – 329€, MacBook Pro 13″ Retina: 1699$ – 1799€, iMac: 1299$ – 1399€). Das einzige nennenswerte Produkt, das einen aehnlichen „Apple-Wechselkurs“ wie nun fast durchgaengig im Appstore zu finden hat, ist Mac OS – 19,99$ werden zu 17,99€.
Das alles ist selbstverstaendlich Apples gutes Recht und letztlich eine Frage der Unternehmenspolitik bzgl. der Preisgestaltung der eigenen Produkte. (Damit aber, so wenig wie andere Entscheidungen Apples und anderer Unternehmen, auch nicht sakrosankt und immun gegen Kritik.)
Die Erhoehung der App-Store-Preise ist ebenfalls Apples Recht, hat aber eine andere Qualitaet, und zwar aus folgenden Gruenden:
1) Apple erhoeht nicht bloss den Verkaufspreis – und damit die eigenen Einnahmen – sondern auch die Einnahmen der Lieferanten, d.h. der App-Entwickler/-Anbieter. D.h. Apple greift in die Preis- und Umsatzgestaltung von Anbietern ein, fuer die sie lediglich den Vertrieb organisieren.
2) All dies geschieht noch dazu, ohne dass die Anbieter darueber fruehzeitig informiert wurden, d.h. die Anbieter haben von der Preiserhoehung im selben Moment erfahren wie ihre Kunden und hatten keine Moeglichkeit, dagegen zu optieren.
3) Es faellt ein bisschen schwer, Vergleiche fuer dieses Vorgehen zu finden, da so etwas in einem funktionierenden Markt normalerweise nicht vorkommt. Ein Autohaendler, der von sich aus im Namen des Herstellers zwischen 10 und 20% auf den Listenpreis aufschlaegt (die er dann auch an den Hersteller weitergibt)? Undenkbar. Womit wir beim Kern des Problems mit Apples Vorgehen sind – an dem allerdings die Entwickler und Verleger wenigstens zum Teil selbst schuld sind. Naemlich Apples marktbeherrschende Position als App-Zwischenhaendler, verstaerkt dadurch, dass sich viele – siehe Döpfner – in Entwicklung und PR-Arbeit einseitig auf Apples Oekosystem konzentrieren und Android/Windows etwas stiefmuetterlich behandeln. Einer der Kritikpunkte, die es schon seit Jahren speziell im Verhalten der Verlage gab.
Kurzgefasst: Ich bin vollkommen d’accord mit dem Spiegel und anderen, dass Apples Vorgehen kritisierenswert ist. Andererseits ist dieses Verhalten fuer mich eben bloss die Bestaetigung von etwas schon seit langem erwartbaren. Vielleicht merken die diversen App-Anbieter und die Verlage ja jetzt etwas.
Marcel Weiss says
„Ein Autohaendler, der von sich aus im Namen des Herstellers zwischen 10 und 20% auf den Listenpreis aufschlaegt (die er dann auch an den Hersteller weitergibt)? Undenkbar.“
Undenkbar ist lediglich, dass der Umsatzzuwachs weitergegeben wird. Ansonsten bestimmen die Autohändler selbst, wie viel sie verlangen. Genau so Supermärkte bei ihrem Sortiment etc.
Nur unter anderem Buchverlage und Presseverlage legen die Preise für ihre Produkte endgültig fest. Alle anderen Hersteller haben „unverbindliche Preisempfehlungen“, die eben unverbindlich sind.
Ob man das gut findet oder nicht ist zweitrangig und ändert nichts an der Tatsache, dass die Preishoheit der Presseverlage als Hersteller über den Handel innerhalb der Wirtschaft eher eine Anomalie denn die Regel ist.
André Fromme says
„Undenkbar ist lediglich, dass der Umsatzzuwachs weitergegeben wird. Ansonsten bestimmen die Autohändler selbst, wie viel sie verlangen. Genau so Supermärkte bei ihrem Sortiment etc.“
Man zeige mir einen Autohaendler, der a) autonome Preislisten verwendet (statt des vom Hersteller gelieferten UVP-Materials) und obendrein b) auf seinen autonomen Preislisten mehr verlangt als auf den UVP-Listen des Herstellers.
Wobei in diesem Fall der Haendler obendrein die Macht hat, seine Haendlerpreisliste zur offiziellen des Herstellers zu machen.
Dass der Umsatzzuwachs weitergegeben wird, ist sicherlich kein Zufall. So kann man auf den Vorwurf „Hey, ihr erhoeht einfach so die Preise“ entgegnen „Ja, aber wir geben’s auch zum Teil weiter!“, womit die Diskussion direkt auf einen Nebenaspekt der Situation gelenkt wurde.
„Nur unter anderem Buchverlage und Presseverlage legen die Preise für ihre Produkte endgültig fest. Alle anderen Hersteller haben „unverbindliche Preisempfehlungen“, die eben unverbindlich sind.“
Siehe oben. Dass UVPs ueberschritten werden ist die absolute Ausnahme und man hat dann im Normalfall wie gesagt die Moeglichkeit, im Zweifel zu einem anderen Haendler zu gehen, der die UVP einhaelt oder unterschreitet. In einem geschlossenen Oekosystem allerdings per se schwierig, wo ich schon per definitionem an einen Haendler und dessen Preisgestaltung gebunden bin.
Apple hat sich hier eine in anderen Teilen der Wirtschaft weitestgehend undenkbare Sonderposition geschaffen, die ich als noch luxurioeser als die der Verlage bezeichnen wuerde, naemlich die, dass sie sich eine bestimmte Verdienstmarge an jeder verkauften App garantieren; Monopol im iOS-App-Verkauf sei dank.
Insofern illustriert Apples Vorgehen hier das Grundproblem eines solchen Oekosystems. Verkauft nur ein Haendler Apps fuer ein bestimmtes Betriebssystem, kann er seine eigene Marge, den Verkaufspreis, UVP (die hier identisch mit dem tatsaechlichen Preis ist) und Gewinnmarge des Anbieters festlegen.
Wettbewerbsrechtlich mag das eine Grauzone sein – einerseits verhindert Apple den Wettbewerb was die Preise von iOS-Apps betrifft, andererseits koennte man ja auch Android/Windows/Amazon nehmen; auch wenn dass den Mangel an Wettbewerb im iOS-App-Handel nicht behebt.
All das finde ich – selbst wenn die App-Anbieter Verlage sind, fuer die ich in den letzten Jahren nicht uebertrieben viel Sympathie hatte – zumindest bedenkenswert. Und ich finde auch, dass man diesbezueglich ein paar mehr Schluesse ziehen und Diskussionen beginnen kann, als bloss mal wieder gegen die boesen (und obendrein internetdoofen) Verlage zu schiessen. So gern ich letzteres ja auch tue.
P.S.: Ich wuerde uebrigens dieselbe Position vertreten, wenn es hier um Amazon oder Google ginge. Allerdings wird deren Verhalten in der Blogosphaere nicht mehr ganz so eifrig verteidigt.
Diderot says
Kleiner Punkt: Sie meinen wahrscheinlich „komplementieren“ und nicht „komplimentieren“.
Marcel Weiss says
Absolut richtig natürlich. Danke für den Hinweis. Ist korrigiert.
André Fromme says
Ich hatte mich auf die Aussage „Apple hat das nicht für die eigenen Einnahmen gemacht, sondern für die der Entwickler.“ bezogen, die du dann ja auch eingeschraenkt hast. :-)