Der Aufstieg von Heftig.co zeigt deutlich, dass es im Medienbereich längst nicht mehr allein um Google geht; entgegen dem Pressekonsens in der aktuellen Debatte. Der Erfolg von Heftig hängt nicht mit Google und SEO zusammen -man kann sogar sagen, dass das hier bedeutungslos ist-, sondern mit der Optimierung auf Verbreitung über Facebook.
Wie immens der Erfolg abseits von Google und abseits von klassischen Medienstrukturen sein kann, zeigt Heftig.co recht eindeutig auf.
Zur Verdeutlichung hier die Zahlen von Jens Schröder von 10000-Flies, das Likes, Tweets und +1s auf deutsche Inhalte misst:
Nachdem Spiegel Online seit dem Start unseres Angebots im Januar 2013 in allen 15 Monaten unsere Tabelle angeführt hatte, verdrängt nun die neue, umstrittene Website Heftig SpOn von Platz 1. Unglaubliche 2,356 Mio. Likes, Shares, Tweets, etc. erreichte Heftig im April mit ganzen 90 Beiträgen. Zum Vergleich: Spiegel Online und Bild.de erreichten mit ihren gesamten Inhalten – rund 6.000 Artikel – 2,618 Mio. Flies. Das weiterhin rasant wachsende Heftig erreichte also mit einem Bruchteil von Inhalten fast so viele Reaktionen wie die beiden Mainstream-Medien-Giganten zusammen.
[..]
Erstmals aus der Top Ten geflogen ist – auch wegen der Neulinge Heftig und LikeMag – Süddeutsche.de.
Publikationen wie Heftig.co, Buzzfeed, Upworthy und Co. haben das seit Jahren bekannte Prinzip der artikelbasierten Distribution, die mit Facebook ihren endgültigen Mainstream-Durchbruch hatte, zu ende gedacht und optimieren auf diese hin. (Siehe etwa „Interview: Man sollte sich nicht zu sehr auf die etablierten Institutionen versteifen“ und „“Verleger-Schreck” Flipboard: Auch auf Tablets gelten Marktdynamiken des Webs“)
Das kann man als Medienschaffender (oder Mensch mit aktivem Facebook-Account) mit gemischten Gefühlen beobachten, aber es ist ist vor allem: legitim.
Es ist letztlich nichts anderes als die Riesenbuchstabenüberschrift über dem Fold auf der Titelseite der Bild, die am Kiosk den potenziellen Leser anspringen und zum Kauf veranlassen soll.
Die Überschrift ist und bleibt die erste Begegnung zwischen Leser und Medium. Dementsprechend wird sie optimiert. Die Überschrift auf Heftig.co und ähnlichen Seiten wird nun aber nicht mehr für den Kiosk sondern für Facebook optimiert.
Für Bild und andere Boulevard-Medien ist diese Entwicklung die größte Gefahr. Mit dem Like-Erfolg kommt der Traffic und mit dem Traffic kommt die Werbung.
Im Boulevard sind sowohl der Leserschaft als auch der Werbekundschaft die Marke herzlich egal. Man wirbt nicht bei Bild aufgrund das Markenumfeldes oder einer speziellen Zielgruppe sondern wegen der nackten Reichweite. Wenn die nackte Reichweite auch bei Heftig und Buzzfeed erlangt werden kann und dort dank der Kostenstrukturen noch günstiger zu haben ist, um so besser.
Insofern sollte man den Heftig.co-Links im eigenen Stream vielleicht auch ein bisschen dankbar sein. Sie helfen, Like für Like, die einst unantastbar erscheinende Bild kaputt zu machen.
Chris Heil says
Sie helfen, Like für Like, die einst unantastbar erscheinende Bild kaputt zu machen. -> Jo, nur was wenn ich beides gleich scheisse dämlich finde? Nur weil bei Bild das große A dahintersteht soll ich nun froh sein über B-Content von C-Seiten, die mir mit „laut Linken und Trash-Headlines“ ihren D-Content als A-Ware verkaufen wollen? Nope, ob Bild, heftig oder Schlecky: Filter sind hoch, Zerstreuung krieg ich vom Kiffen eh schon zu viel ;)
jimmetybob says
Es geht um die Macht eines Einzelnen, die Masse beeinflussen zu können. Facebook ist ein Medium, das Meinungen Anderer trägt und verbreitet. Die Bild ist ein einziger Konzern, der sein eigenes politisches Interesse fahrlässig in die Köpfe der Massen einbrennt- So mächtig, dass sogar Hetzerei als Normalität wahrgenommen wird.